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Bergkirche im Frühling


Herzlich Willkommen

in der historischen B e r g k i r c h e zum Mümling-Grumbach. Dieses Gotteshaus wurde im 14. Jh. erbaut; dafür sind die beiden Wappen der Duborner und Weinsberger am gotischen Eingangsportal steinerne Zeugen. Der Turm ist mit Sicherheit weit über 100 Jahre älter - ein mächtiger quadratischer Wehrturm. Der Turmhelm stammt aus dem 19. Jh..

Die außerordentliche Spendenfreudigkeit der Christen unserer Ev. Kirchengemeinde Mümling-Grumbach und die großzügige Unterstützung durch die Ev. Kirche in Hessen und Nassau haben die Wiederherstellung des Innenraumes der historischen Bergkirche im Jahre 1981 ermöglicht. Der Kirchenvorstand der Ev. Kirchengemeinde Mümling-Grumbach ließ sich von dem Gedanken leiten, daß dieses Haus den Christen zum Gottesdienst erhalten bleibt.

Der Besucher dieses Hauses betritt kein Museum - denn in diesem altehrwürdigen Gebäude werden seit über 600 Jahren bis auf den heutigen Tag Gottesdienste gehalten. Keiner kann sagen, wieviele Menschen es gewesen sind, die dieses Haus ehrfürchtig betreten haben, wenn die Christen hier ihre Gottesdienste gefeiert haben: an Sonn- und Feiertagen, anläßlich von Taufen, Konfirmationen, Trauungen und auch Bestattungen.

Schauen wir uns ein wenig um im Inneren der historischen Bergkirche.

Das M a t r o n e n r e l i e f an der Nordseite des Kirchenschiffs stammt aus dem 2. Jah. nach Christus. Der Stein mit den drei Muttergottheiten wurde um 1840 auf dem Friedhof gefunden. Die Historiker nehmen an, daß sich auf dem heutigen Kirchberg ein keltisches Kultheiligtum befunden hat. Die drei Fruchtbarkeitsgöttinnen tragen in ihrem Schoß Schalen mit Früchten. Die Verbreitung dieses Fruchtbarkeitskultes umfaßte den gesamten Westen des römischen Imperiums. Der Faltenwurf und die Gemmen, mit denen die Gewänder über der Brust zusammengehalten werden, deuten in ihren Stilmerkmalen darauf hin, daß ein römischer Künstler am Werk gewesen sein muß. Das verwundert nicht, wenn wir uns vergewissern, daß der Limes, kaum 10 km Luftlinie östlich von Mümling-Grumbach entfernt, zugleich Nahtstelle zwischen keltischer und römischer Kultur und Religion darstellt.

Nach der Christianisierung des Odenwaldes durch iroschottische Mönche wurde im 8. Jh. das keltische Kultheiligtum mit seinem Matronenstein abgerissen. Der Kult der Fruchtbarkeit wurde abgelöst durch den Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus. Die heidnischen Muttergottheiten wurden umgedeutet: Die das Gesicht scheibenförmig umschließenden Hauben der Fruchtbarkeitsgöttinnen wurden jetzt gedeutet als Nimben, als Heiligenscheine der Heiligen Drei Könige. So blieb der fast 2000 Jahre alte Stein erhalten.

Der T a u f s t e i n an der Stirnseite des Schiffes wurde bei den Restaurierungsarbeiten im Chor eingemauert entdeckt. Dieser Stein war mit Sicherheit der Weihwasserstein, der im Bildersturm der Reformation von der Eingangstür weggenommen wurde. Die historische Bergkirche war ja bis zur Reformation ein katholisches Gotteshaus. Wir betrachten es als ein ökumenisches Zeichen, daß der Weihwasserstein heute als Taufstein benutzt wird.

Im Chor der historischen Bergkirche wurde die f i gü r l i c h e B e m a 1 u n g aus der Bauzeit der Kirche freigelegt. Ein Bischof mit einem freundlichen Lächeln schaut uns aus dem Gewande des Fensters (Südseite) an, an der Nordseite sind drei Personen mit merkwürdigen Kopfbedeckungen zu erkennen, Roß und Reiter im westlichen Teil des gotischen Gewölbes sind schwer zu deuten: der Heilige Michael, der Heilige Martin, der Heilige Georg? Die Taube an der Südseite des Chors dagegen sollten wir getrost als Friedenstaube begreifen. Die vielen S t e r n e an der Decke des Chors weisen uns hin auf die gewaltige Schöpfung Gottes.

An der Ostseite das S a k r a m e n t s h ä u s c h e n - die Gittertär ist neu und wurde durch einen örtlichen Handwerker gefertigt -, in dem unsere katholischen Vorfahren das Allerheiligste aufbewahrt haben; an der Südseite die P i s c i n a , in der sich der katholische Priester des Mittelalters vor und nach jeder geistlichen Handlung die Hände wusch. Die beiden S i t z n i s c h e n rechts und links des Altars waren früher für die Meßdiener bestimmt.

Das Innere der historischen Bergkirche wurde getreu dem Befund wiederhergestellt. Das heißt, wir haben gar nicht erst versucht, unseren eigenen Geschmack zu spiegeln. Der Restaurator hat uns in der Farbgebung des Innenraumes durch seine Nachforschung und Sachkenntnis auf den ursprünglichen Befund hingewiesen. Wen es interessiert: Das Fenster an der Ostseite des Chors stammt aus dem 19. Jh., die Orgel auf der Empore ist ein Werk der Firma Walcker (1980), das Kreuz auf dem Altar hat der Restaurator entworfen und wurde durch einen örtlichen Handwerker gefertigt.

Ich habe mich oft gefragt, was die historische Bergkirche in Mümling-Grumbach so interessant, so anziehend macht. Ist es die besondere Lage - der Turmhahn schaut auf das Geschehen im Dorf? Ist es das fast 2000 Jahre alte Matronenrelief, das für unser Dorf eine einmalige Kostbarkeit bedeutet? Ist es die Geschichte unseres Hauses, die verbunden ist mit der Geschichte so vieler einzelner Menschen der Unterzent? Sind es die ausgewogenen Proportionen - das Gebäude ist im Detail faszinierend und doch nur als Ganzes zu begreifen? Der Besucher dieser Kirche wird für sich selbst eine Antwort finden.

Für die Ev. Kirchengemeinde Mümling-Grumbach ist die historische Bergkirche ein Zeichen der Geduld und der Barmherzigkeit unseres Gottes.

Mümling-Grumbach, im Dezember 1993