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Bahnhof

Walther Kiehl

Am 23. Dezember 1871 ging ein Traum in Erfüllung. Welch schönes Weihnachtsgeschenk: Der erste Dampfzug fuhr durch den Odenwald von Darmstadt bis Erbach, somit auch durch Mümling-Grumbach!

Viele Leute hatten Angst vor dem funkensprühenden Dampfroß und standen dem Projekt kritisch gegenüber. Der Bahnbau war eine große Herausforderung für die damalige Ingenieurskunst. Dadurch wurde neues Leben in unsere Heimat gebracht. Der Handel, die Industrie und die Landwirtschaft wurden gehoben, die vorhandenen Erwerbsquellen gestärkt, hiesige Produkte fanden neuen Absatz.

Im Jahre 1892 wurde das Stationsgebäude errichtet, zum Erinnerung daran von den Bediensteten eine Eiche gepflanzt. Zuerst war ein Kniestock auf dem Gebäude, im Jahre 1914, noch vor dem Weltkrieg, wurde das Haus aufgestockt und in seinen heutigen Zustand versetzt. Man kann heute noch erkennen, daß die oberen Ziegelsteine einen anderen Farbton haben.

So nahm die weitere Entwicklung ihren Lauf. Nach und nach wurden vier Gleise und eine Verladerampe errichtet. Zu den technischen Fortschritten gehörte der Bau eines Stellwerks im nördlichen Bereich, das für die Weichen- und Signalstellung von und nach Höchst zuständig war und vom Fahrdienstleiter bedient wurde. Dort gab es auch eine Schranke. Der Weg führte zu den Äckern und Wiesen und wurde auch von Spaziergängern benutzt, um nach Höchst zu gelangen.

Die Güterhalle neben dem Stationsgebäude, erbaut 1935, diente der Frachtabwicklung. Guter Frachtverkehr war zu verzeichnen. Die ortsansässigen Firmen, wie auch die in den Nachbarorten, wickelten den Stückgut-Empfang und -Versand hier ab.

Im nördlichen Bahnhofsbereich befand sich ein großer Lagerplatz für Holz. Das Holz wurde aus dem Wald angeliefert, als Grubenholz für die Zeche geschnitten und danach verschickt. Es gab drei große Lagerhallen für Düngemittel, Torf usw., ein Kohlen- und Heizöllager. Waggons mit Stahl für die hiesige Hackenfabrik wurden an der Ladestraße entladen, hierzu wurde ein Kran benutzt. Im Herbst gab es viel zu tun: Die Landwirte aus dem Dorf und der Umgebung brachten Zuckerrüben zum Versand.

Im Bahnhof waren zwei Fahrdienstleiter und der Vorsteher beschäftigt, die für die Fahrkartenausgabe, Auskunft, Personen-, Gepäck-, Expressgut- und Güterverkehr zuständig waren. Die Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße brachte einen Rückgang des Betriebs. So wurde nach und nach die Abfertigung von Gütern, Expreßgut und Gepäck eingestellt. Später wurde auch die Fahrkartenausgabe geschlossen. Im Jahre 1968 wurde das nördliche Stellwerk abgebaut, Signal- und Weichenstellung sowie die Bedienung der Schranke für den Bahnübergang dem Fahrdienstleiter übertragen. Heute, im Jahr 2007, ist der Bahnhof nur noch mit einem Mitarbeiter der "Deutschen Bahn AG" besetzt.

In absehbarer Zeit wird es weitere große Einschnitte geben. Ein Zentralstellwerk in Wiebelsbach wird für den gesamten Betriebsablauf von Darmstadt bis Eberbach und Hanau zuständig sein. Das bedeutet, dass kein Bahnhof mehr besetzt ist. Lediglich in Michelstadt gibt es ein Informationsbüro. Auf den Bahnhöfen stehen Fahrkartenautomaten, an denen die Reisenden sich selbst bedienen müssen.

So hat sich im Laufe der Zeit viel geändert, und aus der alten Zeit ist nicht mehr viel geblieben.